Abgehängte nicht noch weiter abhängen

Die Coronakrise wirkt sich auf alle Lebensbereiche der jungen Menschen in Deutschland aus. Die Einrichtungen der Jugendberufshilfe, die in der Initiative „arbeit für alle“ zusammenarbeiten, richten den Blick auf die sozial benachteiligten und individuell beeinträchtigten Jugendlichen, die sie im Übergang in Ausbildung und Arbeit begleiten.

Die Einrichtungen gewährleisten für diese Jugendlichen gerade jetzt auch eine dringend benötigte intensive persönliche Begleitung und Beratung. Sie bemühen sich außerdem in vielfältiger Form, die Lernfortschritte mit den Jugendlichen weiter zu sichern. Hierfür bieten sich digitale Räume und E-Learning Formate an.

Leider ist das Bild in der Realität ein anderes und es scheitert unter anderem an verschiedenen Faktoren:

  • Viele junge Menschen haben zwar ein Smartphone mit Internetzugang, aber keinen Zugang zu Endgeräten wie Tablets, Laptops oder PCs, (leistungsfähigem) Internet und Druckern, weil diese Geräte in ökonomisch schlecht gestellten Familien kaum vorhanden sind. Wenn vorhanden, wird der „Familiencomputer“ von allen Familienmitgliedern für unterschiedliche Aktivitäten, z.B. zum Streamen, geteilt.
  • In ländlichen Räumen und benachteiligten Stadtteilen fehlt es oft an guter digitaler Infrastruktur. Hier wird nicht ausreichend in den Netzausbau investiert.
  • Die Einrichtungen der Jugendberufshilfe sind oft nicht ausreichend digital ausgestattet. Im Rahmen von Vergabemaßnahmen ist zwar die Grundausstattung vorhanden, die Möglichkeiten zur Vermittlung digitaler Kompetenzen sind aber eingeschränkt, so dass die Versorgung der Jugendlichen mit geeigneten digitalen Endgeräten nicht möglich ist. Zudem fehlen den Jugendlichen sowohl Mailadressen, über die sie erreichbar sind, als auch ausreichend Datenvolumen.

Der Jugendberufshilfe gelingt es in der Coronakrise, Wege für eine persönliche Betreuung über Telefonate, Videotelefonie und für analoge Lernformen zu öffnen. Die Chancen digitaler Lernformen können aber wegen unzureichender Ausstattung der Einrichtungen und der jungen Menschen oft nicht sachgerecht genutzt werden. So werden die Jugendlichen in Zeiten der aktuellen Pandemie noch weiter von der Teilhabe an Bildung und Wissen abgekoppelt und drohen, weiter abgehängt zu werden.

Die Initiative „arbeit für alle“ fordert auf Basis der Erfahrungen der Einrichtungen der Jugendberufshilfe für die Gegenwart und die Zukunft:

  • Ausstattung aller Jugendlichen in der Jugendberufshilfe mit digitalen Endgeräten (nicht Smartphones, sondern Tablets, Drucker, Laptops, PCs) und leistungsfähigem Internet, ggf. über die Einrichtungen der Jugendsozialarbeit. Im Rahmen einer Lernmittelfreiheit müssen die Jugendlichen mit Tablets oder Laptops und Druckern im Rahmen der Maßnahmen ausgestattet werden.
  • Einbezug der Einrichtungen der Jugendberufshilfe in die vielfältigen Bundesprogramme zur Förderung der digitalen Infrastruktur, Schaffung von Wegen zur Öffnung des Vergaberechts hierfür.
  • Ausbau des Erwerbs digitaler Kompetenzen für Mitarbeitende und Jugendliche in Einrichtungen der Jugendsozialarbeit.
  • Verbesserung der digitalen Infrastruktur in ländlichen Regionen und benachteiligten Stadtteilen, da digitale Teilhabe unabdingbar ist.

Die Coronakrise hat nochmals stärker gezeigt, dass die Einrichtungen der Jugendberufshilfe wegen fehlender Ressourcen und beschränktem Zugang zu entsprechenden Förderprogrammen oft unzureichend mit digitalen Medien ausgestattet sind. Viele Jugendliche in der Zielgruppe haben kaum Zugang zu qualitativer Hardware. Zugleich fehlen ihnen digitale Kompetenzen.  So gelingt es nicht, die Jugendlichen an den Vorteilen digitaler Lernwege partizipieren zu lassen.

Diese Situation muss in einer gemeinsamen Anstrengung überwunden werden. Digitalisierung ersetzt das persönliche Gespräch und Unterstützung nicht, aber sie fördert Integrationsprozesse, wenn sie richtig eingesetzt wird.  Entsprechende Qualifizierungen, die sehr konkret auf adäquate Lernprogramme und Kommunikationsmöglichkeiten eingehen, müssen angeboten und finanziert werden. Alle Jugendlichen müssen die Möglichkeit zu einer echten, wirksamen digitalen Teilhabe erhalten. Dies gilt es, unabhängig von der aktuellen Krisensituation, beispielsweise im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets, allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu ermöglichen.